top of page

Intergenerationale Kommunikation bei der Betriebsnachfolge von Familienunternehmen

  • Autorenbild: Stefan Brida
    Stefan Brida
  • 9. Mai 2020
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Juni 2020

Kommunikation innerhalb der Generationen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Betriebsnachfolge. Die Wissenschaft und auch Praxis belegen in diesem Zusammenhang, dass es keine perfekte Kommunikationsstrategie bei Betriebsübergaben von Familienunternehmen gibt. Eine neue Studie von Leiß & Zehrer (2018) zeigen vier unterschiedliche Kommunikationsmuster bei Betriebsübergaben auf.

(Bildquelle: Pexels.com, unkommerzielle Nutzung)


Ziel dieses Blogartikels ist es, zu den Kernergebnissen der empirischen Studie „Intergenerational communication in family firm succession“ von Leiß und Zehrer (2018) Stellung zu nehmen.

Bedeutung der Betriebsnachfolge Die Betriebsnachfolge ist eine der herausforderndsten Thematiken in Wissenschaft und Praxis von Familienunternehmen (Poeschl & Freiling, 2020), vor allem aufgrund der Überschneidung der konträren Konstrukte „Familie” und „Unternehmen” (Hatak & Roessl, 2016). Eine Betriebsnachfolge bedeutet große Veränderungen im Eigentum, in der Familie und im Unternehmen (Leiß & Zehrer, 2018). Eine Studie von Hennerkes, Berlin und Berlin (2007) zeigt auf, dass es nur 66% der Familienunternehmen in die zweite und nur 10-37% in die dritte Generation schaffen.

Kommunikation zwischen Generationen Leiß und Zehrer (2018) entwickeln auf Basis von zehn qualitativen Interviews im Zuge der Betriebsübergabe mit Übergebern und Nachfolgern ein konzeptionelles Model. Es beinhaltet vier Kommunikationsmuster während der Betriebsnachfolge, die sich nach Ausprägung der Gegensätze, Verbundenheit versus Autonomie sowie Veränderung versus Kontinuitä unterscheiden. Das erste Kommunikationsmuster ist der autoritäre Schutz (Kontinuität+Verbundenheit), bei welchem üblicherweise der Vater Entscheidungsträger ist und frühzeitig die Weichen stellt. Dies ist vergleichbar mit dem paternalistischen Führungsstil (Mussolino & Calabrò, 2014). Bei der ambivalenten Verstrickung (Kontinuität+Autonomie) ist die Übergabe hingegen nicht geplant . Die Betriebsnachfolge wird durch Schicksalsschläge ausgelöst. Unabhängige Neuorientierung (Veränderung+Autonomie) ist ein offener Ansatz, wo sich der Übergeber nach der Übergabe zur Gänze aus dem Betrieb zurückzieht. Das vierte Kommunikationsmuster ist die ko-evolutionäre Entwicklung (Veränderung+Verbundenheit), wo die Übernehmer langsam ins Unternehmen geführt werden und die Übergeber anschließend als Berater fungieren. Leiß und Zehrer (2018) zeigen auf, dass es keine ideale Kommunikationsstrategie bei der Betriebsübergabe gibt. Alle Kommunikationsmuster haben Vor- und Nachteile. In allen untersuchten Fällen bewegt sich die Kommunikation jedoch in Richtung einer ko-evolutionären Kommunikationsstrategie. Daraus leiten Leiß und Zehrer (2018) die Annahme ab, dass der Erfolg der Nachfolge von der interdependenten Entwicklung der Akteure sowie der Strukturen abhängt.

Aus den Erkenntnissen der Empirie teilen Leiß und Zehrer (2018) die Kommunikation in der Betriebsnachfolge in einen dreistufigen Prozess ein, um die Kommunikationstypen zu visualisieren. Im ersten Schritt muss eine emotionale Verbindung der Übernehmer mit dem Unternehmen aufgebaut werden. Die Übergeber nehmen dabei in der Kommunikation eine komplementäre Rolle ein. Im zweiten Schritt wird langsam Kontrolle über das Unternehmen übernommen und mit kontroversen Diskussionen überprüft, ob die Bereitschaft der Übernahme vorhanden ist. Im dritten Schritt übernimmt der Nachfolger das Unternehmen vollständig. Hier ist ein ko-evolutionäres Kommunikationsmuster empfehlenswert.

Kritische Stellungnahme Das Modell von Leiß und Zehrer (2018) wurde lediglich auf Basis von zehn qualitativen Interviews entwickelt, wodurch die Ergebnisse womöglich nicht repräsentativ für alle Familienunternehmen sind und eventuell ungenaue Annahmen abgeleitet wurden (Hennink, Hutter & Bailey, 2020). Außerdem wurden lediglich erfolgreiche Betriebsübergaben durchleuchtet. Eine Analyse der nichterfolgreichen Betriebsübergaben könnte weitere wichtige Erkenntnisse liefern (Miller, Steier & Le Breton-Miller, 2003). Die qualitativen Interviews wurden zudem nur mit Übergeber und Übernehmen durchgeführt, die restlichen Familienmitglieder, die nicht direkt in die Betriebsnachfolge involviert sind, wurden nicht berücksichtigt, obwohl diese nach Bennedsen, Nielsen, Perez-Gonzalez und Wolfenzon (2007) den Prozess und auch die Kommunikation enorm beeinflussen und noch komplexer machen (Daspit, Holt, Chrisman & Long, 2016). Eine weitere Limitation liegt darin, dass lediglich die betriebsinterne Nachfolge analysiert wurde. Durch die großen Unterschiede gegenüber einer externen Nachfolge, vor allem im Bereich Kommunikationsverhalten (Royer, Simons, Boyd & Rafferty, 2008), besteht zukünftiger Forschungsbedarf, wodurch weitere Erkenntnisse in diesem Zusammenhang erlangt werden können.

Durch die geringe Bedeutung dieser Thematik in der Forschung (Michael-Tsabari & Weiss, 2015) ist die Wahl von „Purposive-Sampling“ mit einer „Grounded-Theory-Methode“ zur Generierung neuer Theorien trotzdem nachvollziehbar (Johnson & Nemeth, 2014).

Problembereiche & Handlungsempfehlungen der intergenerationalen Kommunikation


Im nächsten Schritt wurde ein Video über mögliche Problembereiche bei der familieninternen Betriebsnachfolge in der intergenerationalen Kommunikation erstellt. Als Praxisbeispiel wurde ein 4* Hotel mit traditionellem à la Carte Restaurant im Tiroler Oberland ausgewählt, welches ich im Zuge meiner Tätigkeiten bei Kohl & Partner betreut habe. Das Hotel wird aktuell in zweiter Generation geführt. Die Personen und der Betrieb wurden allesamt anonymisiert dargestellt.




Literaturverzeichnis Bennedsen, M., Nielsen, K. M., Perez-Gonzalez, F. & Wolfenzon, D. (2007). Inside the Family Firm: The Role of Families in Succession Decisions and Performance. The Quarterly Journal of Economics, 122 (2), 647-691.

Daspit, J. J., Holt, D. T., Chrisman, J. J. & Long, R. G. (2016). Examining Family Firm Succession From a Social Exchange Perspective. Family Business Review, 29 (1), 44-64.

Hatak, I. R. & Roessl, D. (2016). Relational Competence-Based Knowledge Transfer Within Intrafamily Succession. Family Business Review, 28 (1), 10-25.

Hennerkes, B.-H., Berlin, M. & Berlin, T. (2007). Die Familie und ihr Unternehmen in Österreich. Strategie, Kontrolle, Nachfolge, Vermögenssicherung (1. Aufl.). München: FinanzBuch Verl.

Hennink, M., Hutter, I. & Bailey, A. (2020). Qualitative Research Methods: SAGE Publications. Verfügbar unter https://books.google.at/books?id=_InCDwAAQBAJ

Johnson, M. J. & Nemeth, L. S. (2014). Addressing health disparities of lesbian and bisexual women: a grounded theory study. Women's health issues : official publication of the Jacobs Institute of Women's Health, 24 (6), 635-640.

Leiß, G. & Zehrer, A. (2018). Intergenerational communication in family firm succession. Journal of Family Business Management, 8 (1), 75-90.

Michael-Tsabari, N. & Weiss, D. (2015). Communication Traps. Family Business Review, 28 (1), 26-40.

Miller, D., Steier, L. & Le Breton-Miller, I. (2003). Lost in time: intergenerational succession, change, and failure in family business. Journal of Business Venturing, 18 (4), 513-531.

Mussolino, D. & Calabrò, A. (2014). Paternalistic leadership in family firms: Types and implications for intergenerational succession. Journal of Family Business Strategy, 5 (2), 197-210.

Poeschl, A. & Freiling, J. (2020). The way toward a new entrepreneurial balance in business succession processes. Journal of Organizational Change Management, 33 (1), 157-180.

Royer, S., Simons, R., Boyd, B. & Rafferty, A. (2008). Promoting Family: A Contingency Model of Family Business Succession. Family Business Review, 21 (1), 15-30.

 
 
 

Comments


bottom of page